Annette, 41 Jahre

Annette rief in der Mitternachtsmission an und bat um einen Beratungstermin. Sie wollte aussteigen.
Am nächsten Tag fand das Beratungsgespräch statt.
Annette berichtete, dass sie seit zwanzig Jahren in verschiedenen Clubs der Prostitution nachgegangen sei. Zu Anfang hat sie gut verdient. Die Branche wurde aber immer härter und die Konkurrenz größer.
Um mehr zu verdienen, hat Annette auch versucht, Dienstleistungen anzubieten, die gegen ihre Überzeugung waren.
Sie wollte in der Sado-Maso-Szene Fuss fassen und als Domina arbeiten, schaffte es aber nicht, sadistische Praktiken auszuüben.
So vergingen die Jahre. Einen Beruf, in den sie zurückkehren konnte, hatte sie nicht gelernt und etwas Neues anfangen ...? Die Angst vor dem Unbekannten war einfach zu groß. Sie kannte nur das Milieu. Und zwischendurch gab es auch immer wieder gute Zeiten.
Nach zwanzigjähriger Tätigkeit blickt Annette nun auf einen Schuldenberg zurück.
Ihr wurde bewusst, dass sie so ihre Situation nicht ändern konnte und diese Tätigkeit ihr psychisch, physisch und wirtschaftlich schadet.
Auch wenn sie noch soviel anschaffen geht, die Schulden wird sie nicht mehr abbezahlen können.
Eine große Summe der Schulden ist erst durch ihre Tätigkeit als Prostituierte entstanden. Da sie nicht krankenversichert war, musste sie ihre Arztkosten selber zahlen. Ihr Rücken machte ihr immer mehr zu schaffen. Manchmal konnte sie vor Schmerzen nicht aufstehen. Und dann konnte sie kein Geld verdienen und die Schulden wurden immer mehr. Zum Schluss konnte sie auch die Miete nicht mehr zahlen.
In ihrer Verzweiflung wandte sie sich an die Mitternachtsmission.
Erst einmal beantragte sie ALG II. Wir begleiteten sie dabei. Ihre Wohnung musste sie aufgeben, da sie zu groß und zu teuer war. Dies fiel ihr nicht leicht , denn immerhin wohnte sie schon über zehn Jahre dort.
Aber auf nun war sie nun krankenversichert und konnte ihren Rücken behandeln lassen.
Mittlerweile hat sie über das Sozialamt eine Qualifizierungsmaßnahme machen können. Nach kurzer Zeit fand sie Arbeit in einer kleinen Bäckerei. Die Arbeit macht ihr Spaß. Doch ihr früheres Leben als Prostituierte lässt sie nicht los. Hin und wieder begegnen ihr ehemalige Freier und sie fürchtet nun, ihren Job zu verlieren, da sie vielleicht als ehemalige Prostituierte erkannt wird.
Und ihre Schulden: Sie plant, ins Insolvenzverfahren zu gehen. Nach sieben Jahren, wenn sie durchhält, wäre sie dann schuldenfrei.
Solange sie es wünscht, werden wir sie auf diesem Weg begleiten.

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